Nicht immer ist für uns Redaktionsmitglieder verständlich, warum Themen wie eine Pistenpräparation so brennend interessieren. Foto: Andrea Gutgsell
Vor Urzeiten habe ich mal ein Studium der Medien- und Kommunikationswissenschaften abgeschlossen. Damals wurde uns vermittelt, dass es drei Themen gibt, die immer funktionieren. Sex sells. Der Mensch ist nun mal voyeuristisch veranlagt und schlüpfrige Geschichten werden immer gelesen. Immer! Obwohl sie später niemand gelesen haben will. Kriminalfälle und Unfälle sind ebenfalls Selbstläufer. Man beachte die Rubrik «Meistgelesen» in den Newsportalen. Und über Katastrophen wollen alle alles wissen. Der Felssturz von Bondo ist ein Paradebeispiel dafür. Nie werde ich vergessen, wie Promontogno plötzlich zur Nachrichtenzentrale für Medienschaffende aus halb Europa wurde. Wie in einem Bienenstock ging es zu und her im Hotel Bregaglia, jede halbwegs einheimisch aussehende Person wurde «eingefangen» und befragt. Und all dies für die Leserinnen, Zuhörer und Zuschauenden. Doch auch über das Ufer getretene Flüsse, blockierte Strassen wegen Murgängen, in der Lawine verschüttet Skitourenfahrer interessieren die Menschen.
Gibt es heute noch Tabuthemen im Journalismus? Ja. Da kommen Moral und Ethik ins Spiel. Medienschaffende haben eine gewisse Verantwortung der Gesellschaft gegenüber. Sie dürfen nie eine Plattform für radikale Ideen, für Polemik oder für Rassismus sein. In Graubünden gibt es übrigens noch zwei Themen, die heikel sind: Wölfe und die Sonderjagd. Darüber berichten darf und soll man, aber bitte möglichst neutral. Kursieren wieder einmal irgendwelche Videos über Wölfe, die in der Nähe von Dörfern gesehen wurden, gehen diese viral auf den Sozialen Medien. Sofort bekriegen sich Wolfsgegner und Tierschützer. Es wird schnell unschön und respektlos. Das Beispiel erklärt, warum wir bei gewissen Themen vorsichtig agieren und immer zunächst abwägen, welcher Newswert vorliegt und wo das öffentliche Interesse überwiegt.
A propos Soziale Medien. Als ich mein Studium beendet habe, gab es diese noch nicht. Umso spannender finde ich es heute zu beobachten, welche Themen und Bilder von den Userinnen am meisten angeschaut und gelikt werden. Das Ernüchternde für uns Redaktoren ist, dass es in den seltensten Fällen die gut recherchierten, uns wirklich relevant erscheinenden Artikel sind. Völlig baff waren wir von der EP-Redaktion über den enormen Erfolg eines nur wenige Sekunden dauernden Videos, mit dem ein Redaktor zeigen wollte, dass die Vorbereitungen für den Winterauftakt in Silvaplana laufen. Gezeigt wird ein Ratrack, der Schnee für die Piste für den Freestyle-Contest im Dorf vor sich hin schiebt. Das Video wurde tausendfach angeschaut und allein auf unserem Instagram-Account übe 1900 Mal gelikt. Was bitteschön ist so faszinierend an dieser banalen Szene? Wie konnte sich bloss eine solche Eigendynamik entwickeln?
Nun, die Likes und Views sind zum Glück nicht der Massstab aller Dinge. Aus Rückmeldungen der Leserschaften und in Gesprächen stelle ich fest, dass viele Geschichten interessieren. Vor allem solche über spannende Menschen. Und davon gibt es in unserer Region glücklicherweise jede Menge. (fh)
f.hofmann@engadinerpost.ch
Gibt es heute noch Tabuthemen im Journalismus? Ja. Da kommen Moral und Ethik ins Spiel. Medienschaffende haben eine gewisse Verantwortung der Gesellschaft gegenüber. Sie dürfen nie eine Plattform für radikale Ideen, für Polemik oder für Rassismus sein. In Graubünden gibt es übrigens noch zwei Themen, die heikel sind: Wölfe und die Sonderjagd. Darüber berichten darf und soll man, aber bitte möglichst neutral. Kursieren wieder einmal irgendwelche Videos über Wölfe, die in der Nähe von Dörfern gesehen wurden, gehen diese viral auf den Sozialen Medien. Sofort bekriegen sich Wolfsgegner und Tierschützer. Es wird schnell unschön und respektlos. Das Beispiel erklärt, warum wir bei gewissen Themen vorsichtig agieren und immer zunächst abwägen, welcher Newswert vorliegt und wo das öffentliche Interesse überwiegt.
A propos Soziale Medien. Als ich mein Studium beendet habe, gab es diese noch nicht. Umso spannender finde ich es heute zu beobachten, welche Themen und Bilder von den Userinnen am meisten angeschaut und gelikt werden. Das Ernüchternde für uns Redaktoren ist, dass es in den seltensten Fällen die gut recherchierten, uns wirklich relevant erscheinenden Artikel sind. Völlig baff waren wir von der EP-Redaktion über den enormen Erfolg eines nur wenige Sekunden dauernden Videos, mit dem ein Redaktor zeigen wollte, dass die Vorbereitungen für den Winterauftakt in Silvaplana laufen. Gezeigt wird ein Ratrack, der Schnee für die Piste für den Freestyle-Contest im Dorf vor sich hin schiebt. Das Video wurde tausendfach angeschaut und allein auf unserem Instagram-Account übe 1900 Mal gelikt. Was bitteschön ist so faszinierend an dieser banalen Szene? Wie konnte sich bloss eine solche Eigendynamik entwickeln?
Nun, die Likes und Views sind zum Glück nicht der Massstab aller Dinge. Aus Rückmeldungen der Leserschaften und in Gesprächen stelle ich fest, dass viele Geschichten interessieren. Vor allem solche über spannende Menschen. Und davon gibt es in unserer Region glücklicherweise jede Menge. (fh)
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Redaktion Engadiner Post
Wie geht es auf einer Redaktion zu und her? Inbesondere an einem Produktionstag? Was macht ein Redaktor/eine Redaktorin den lieben langen Tag? Und was braucht es, von der Idee bis zum vollständigen Bericht in der Zeitung? Über diese und weitere Themen lesen Sie regelmässig im Redaktionsblog der «Engadiner Post/Posta Ladina».
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