Foto: Orell Füssli
Fluchen lässt einen nicht unbedingt höflich erscheinen, hat aber überraschend positive Effekte: Es lindert Schmerzen, schreibt zumindest die englische Wissenschaftlerin Emma Byrne in ihrem Buch: «Swearing Is Good for You», will heissen: Fluchen tut gut. Es wirke sich auf emotionaler Ebene positiv aus. Stimmt, sage ich. In Südbayern schimpft man derbe oder herrische Frauen, die mit harter Hand das Regiment führen und keinen Widerspruch dulden, «Dragoner». Ich kenne das Wort, ich war lange dort daheim. Beschimpft werden so gern stämmige, im Dirnd gekleidete, sich gegen unflätig auftretende Gäste wehrende Kellnerinnen im Wirtshaus oder sonstwie herrschsüchtige Geschlechtsgenossinnen. Vor einiger Zeit «musste» ich – in Gedanken – einer damaligen Kollegin genau dieses Wort ins Gesicht schleudern. Gedanken sind ja frei. Um was es ging? Ich war neu im Job, sie sollte mich – in ein mir völlig fremdes Arbeitsfeld – einweisen. Ich fühlte mich wie beim Militär. Egal, was ich tat, nichts war gut genug. Ich kam mir eher vorgeführt denn eingeführt vor, sie, der General, ich, ihr kleiner Stift. Einem Freund in Südbayern klagte ich mein Leid und fluchte: «Sie ist ein regelrechter Dragoner.» Den Begriff kannte er aber nur in seinem ursprünglichen Sinn.
Kennen Sie, liebe Leserinnen und Leser, die ursprüngliche Bedeutung von «Dragoner»? Ich dachte, ich wüsste es und tönte gross zu ihm: «Ja, das waren die Pferde, mit denen die berittene Infanterie früher die Transporte an die Front gebracht hat. Ich weiss das, ich bin ja in der einst grössten Garnisonsstadt Europas aufgewachsen», war ich überzeugt. «Du Dödel», sagt er. «Von wegen, Du weisst es: Dragoner sind nicht die Pferde, es sind die Soldaten, die die Pferde geritten haben.» «Oh, blöd», sagte ich betreten. Fluchen – noch dazu mit (un)gesundem Halbwissen auftrumpfen wollen – ich lag ganz schön daneben. Aber Sie ahnen es, nachdem ich meinem Ärger über ihr Verhalten laut Luft verschafft hatte, war ich emotional ziemlich positiv drauf.
Birgit Eisenhut
b.eisenhut@gammetermedia.ch
Kennen Sie, liebe Leserinnen und Leser, die ursprüngliche Bedeutung von «Dragoner»? Ich dachte, ich wüsste es und tönte gross zu ihm: «Ja, das waren die Pferde, mit denen die berittene Infanterie früher die Transporte an die Front gebracht hat. Ich weiss das, ich bin ja in der einst grössten Garnisonsstadt Europas aufgewachsen», war ich überzeugt. «Du Dödel», sagt er. «Von wegen, Du weisst es: Dragoner sind nicht die Pferde, es sind die Soldaten, die die Pferde geritten haben.» «Oh, blöd», sagte ich betreten. Fluchen – noch dazu mit (un)gesundem Halbwissen auftrumpfen wollen – ich lag ganz schön daneben. Aber Sie ahnen es, nachdem ich meinem Ärger über ihr Verhalten laut Luft verschafft hatte, war ich emotional ziemlich positiv drauf.
Birgit Eisenhut
b.eisenhut@gammetermedia.ch
PS
PS werden von den Redaktorinnen und Redaktoren der Engadiner Post / Posta Ladina geschrieben und erscheinen wöchentlich in der Samstagsausgabe der EP/PL.
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