Sprache muss im Alltag sichtbar und erlebbar sein. Foto: Fadrina Hofmann
Ich kenne ihn nicht, den Mann, der neben mir auf der Bank in der Einkaufsstrasse von Chur sitzt und ebenfalls auf jemanden wartet. Aber er hört, wie ich meinem Hund auf romanisch beruhigend zurede, und fragt, ob ich Rätoromanin sei. «Wie ist es eigentlich so, einer aussterbenden Spezies anzugehören?» Er schaut mich an, sein Blick ist spöttisch, aber ehrlich interessiert. Mein erster Impuls wäre zu antworten: «Ganz normal», Aber das wäre gelogen. Also überlege ich einen Moment und denke an all jene Alltagssituationen, in denen es nicht «einfach normal» ist, einer Minderheit anzugehören, die es in nicht allzu ferner Zukunft wohl tatsächlich nicht mehr geben wird.
Eigentlich fühle ich mich wie auf einer ständigen Mission. Ich passe mich permanent an oder leiste Aufklärungsarbeit. Schon meinen ur-romanische Vornamen muss ich bei jeder neuen Bekanntschaft erklären. In Beziehungen sollte ich meine Gefühle in einer Fremdsprache ausdrücken können. Ich muss mich damit abfinden, dass die Kinder meiner Geschwister nicht mehr rätoromanisch aufwachsen. Und ist in einer Gruppe mit lauter Rätoromanen nur ein Nichtromane, wird aus Rücksicht sofort die Sprache gewechselt.
In meinem Beruf schreibe ich überwiegend auf Deutsch. Ich gerate regelmässig in die Lage, dass ich die rätoromanischen Seiten in der EP/PL gegen aussen verteidigen muss – und dies in der Heimat des Vallader und Puter. Ich diskutiere mit Menschen, welche im Tal leben und nicht bereit oder fähig sind, unsere Sprache zu lernen, aber dann über die rätoromanische Sprache in der Schule oder in der Gemeindeversammlung wettern. Und ich muss Fragen beantworten wie: «Wie fühlt es sich an, einer aussterbenden Spezies anzugehören?» Die Antwort, die der Unbekannte von mir erhält, ist kurz und knapp: «Eu sun superbgia dad esser üna Rumantscha.» Eine Übersetzung braucht es nicht.
f.hofmann@engadinerpost.ch
Eigentlich fühle ich mich wie auf einer ständigen Mission. Ich passe mich permanent an oder leiste Aufklärungsarbeit. Schon meinen ur-romanische Vornamen muss ich bei jeder neuen Bekanntschaft erklären. In Beziehungen sollte ich meine Gefühle in einer Fremdsprache ausdrücken können. Ich muss mich damit abfinden, dass die Kinder meiner Geschwister nicht mehr rätoromanisch aufwachsen. Und ist in einer Gruppe mit lauter Rätoromanen nur ein Nichtromane, wird aus Rücksicht sofort die Sprache gewechselt.
In meinem Beruf schreibe ich überwiegend auf Deutsch. Ich gerate regelmässig in die Lage, dass ich die rätoromanischen Seiten in der EP/PL gegen aussen verteidigen muss – und dies in der Heimat des Vallader und Puter. Ich diskutiere mit Menschen, welche im Tal leben und nicht bereit oder fähig sind, unsere Sprache zu lernen, aber dann über die rätoromanische Sprache in der Schule oder in der Gemeindeversammlung wettern. Und ich muss Fragen beantworten wie: «Wie fühlt es sich an, einer aussterbenden Spezies anzugehören?» Die Antwort, die der Unbekannte von mir erhält, ist kurz und knapp: «Eu sun superbgia dad esser üna Rumantscha.» Eine Übersetzung braucht es nicht.
f.hofmann@engadinerpost.ch
PS
PS werden von den Redaktorinnen und Redaktoren der Engadiner Post / Posta Ladina geschrieben und erscheinen wöchentlich in der Samstagsausgabe der EP/PL.
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