Foto: Pixabay/Peter Ganaj
Neulich fuhr ich in die Ferien. Mit dem Auto. Dank Google Maps habe ich mein Reiseziel ohne Umwege gefunden. Ich bin sogar einige Minuten früher als erwartet angekommen. Entspannt habe ich mich auf die Terrasse gesetzt, die neue Umgebung betrachtet und noch kurz eine Nachricht in mein Smartphone getippt: «Sind gut angekommen. Wirklich schön hier. Sonnige Grüsse.»
Wie langweilig, denke ich nach einer Weile und erinnere mich an frühere Autoreisen zurück. Wir waren jung und mit dem Elternauto eines Freundes unterwegs. Navigationsgeräte gab es keine, aber Strassenkarten. Nur schon das Auf- und Zusammenfalten bildete eine Herausforderung für sich. Die sperrige Karte dann auch noch richtig zu lesen und auf die Situation vor Ort zu übertragen, war eine Kunst, die wir nicht sonderlich gut beherrschten.
Deshalb hätte eine Messenger-Nachricht von damals etwa so geheissen:
«Sind endlich angekommen. Wir brauchten fünf Stunden länger als geplant. Aber alles gut. Blöderweise bogen wir bereits kurz nach der Grenze falsch ab und merkten es erst nach einer Stunde Fahrt in die falsche Richtung. Mein Beifahrer ist eben kein guter Leser von Strassenschildern und Karten. Dafür kennt er sich mit Musik aus. Er fand immer das passende Lied, damit die Stimmung nicht kippte.
In einem Kaff im Nirgendwo hielten wir an. Kein Restaurant, keine Kneipe. Niemand, den wir fragen konnten. Dann endlich ein älteres Paar mit Hund am Spazieren. Dieses erklärte uns, wo genau wir waren, und amüsierte sich über uns. Wir mussten wohl etwas verzweifelt dreingeblickt haben, jedenfalls lud es uns zum Mittagessen bei sich Zuhause ein.
Wir gingen mit, schliesslich waren wir zu viert und wirklich hungrig und sie nur zu zweit. Die beiden wohnten in einem heruntergekommenen Haus, die Wände waren voller Bilder, so alte Stiche und Familienportraits. Und in jedem Raum hatte es Möbel aus dem vorherigen Jahrhundert. Wie in einem Museum. So sah auch das Essen aus, das wir serviert bekamen, aber es schmeckte hervorragend.
Gut gestärkt stiegen wir wieder ins Auto und nahmen den Feldweg, eine Abkürzung, wie uns das Paar erklärt hatte: Einfach am Bach entlang und rechts über die Brücke, dann kommt ihr zur richtigen Autobahn. Wir fuhren an Obstplantagen vorbei und durch lange Alleen aus Pappeln. Schön, aber kommt das gut? Wir hatten keine Ahnung, wo wir uns befanden. Dann endlich ein verbogenes Strassenschild mit dem Autobahnzeichen. Endlich ging’s wieder flott vorwärts, doch das Benzin ging langsam aus. Wann kommt eine Tankstelle? Keine Ahnung. Dann ein Schild mit Zapfsäule. Noch 30 Kilometer. Puh, das wird knapp. Aber wir haben es geschafft.
An der Tankstelle steckten wir unsere Köpfe zusammen. Die Strassenkarte verriet uns, dass es hier wohl zwei Autobahnen nahe beieinander geben muss. Doch auf welcher waren wir? Wir fragten den Tankwart und plötzlich verstanden auch wir, was die unterschiedlichen Linien und Farben auf der Karte bedeuten. Zugegeben, die Legende gut zu studieren und sich wichtige Eckpunkte zu merken, wäre hilfreich gewesen.
Wie auch immer. Schlussendlich fanden wir unsere Ferienwohnung am Meer. Doch dummerweise waren wir durchs Stadtzentrum gefahren. Was für ein Verkehr! Plötzlich bogen wir in eine Einbahn ein und lösten ein Hupkonzert aus. Wie sollen wir hier bloss wenden? Ist doch viel zu eng! Nun ja, es ging, zwar mit Beule, aber die ist nicht so schlimm. Alles gut. Wirklich. Nur keine Sorgen.
Jetzt sind wir hier und geniessen den Strand. Wir kamen sogar in unsere Ferienwohnung hinein, obwohl wir erst um 2 Uhr 30 eintrafen. Wir mussten unsere Gastgeber aus dem Schlaf klingeln, aber sie waren trotzdem ganz nett. Wir hoffen, das bleibt so. Ist wirklich schön hier. Sonnige Grüsse.»
Zum Glück gab es damals noch keine Messenger-Dienste. Aber Telefonkabinen. Also rief ich am nächsten Tag wie vereinbart meine Eltern an: «Ja, ja sind gut angekommen. Den Weg? Klar, den haben wir tipptopp gefunden, hatten ja eine Strassenkarte dabei. Alles bestens und wirklich schön hier. Bis bald. Hab euch lieb.»
Mehr Kontakt nach Hause gab es nicht für die nächsten drei Wochen. Das waren noch echte Ferien.
Wie langweilig, denke ich nach einer Weile und erinnere mich an frühere Autoreisen zurück. Wir waren jung und mit dem Elternauto eines Freundes unterwegs. Navigationsgeräte gab es keine, aber Strassenkarten. Nur schon das Auf- und Zusammenfalten bildete eine Herausforderung für sich. Die sperrige Karte dann auch noch richtig zu lesen und auf die Situation vor Ort zu übertragen, war eine Kunst, die wir nicht sonderlich gut beherrschten.
Deshalb hätte eine Messenger-Nachricht von damals etwa so geheissen:
«Sind endlich angekommen. Wir brauchten fünf Stunden länger als geplant. Aber alles gut. Blöderweise bogen wir bereits kurz nach der Grenze falsch ab und merkten es erst nach einer Stunde Fahrt in die falsche Richtung. Mein Beifahrer ist eben kein guter Leser von Strassenschildern und Karten. Dafür kennt er sich mit Musik aus. Er fand immer das passende Lied, damit die Stimmung nicht kippte.
In einem Kaff im Nirgendwo hielten wir an. Kein Restaurant, keine Kneipe. Niemand, den wir fragen konnten. Dann endlich ein älteres Paar mit Hund am Spazieren. Dieses erklärte uns, wo genau wir waren, und amüsierte sich über uns. Wir mussten wohl etwas verzweifelt dreingeblickt haben, jedenfalls lud es uns zum Mittagessen bei sich Zuhause ein.
Wir gingen mit, schliesslich waren wir zu viert und wirklich hungrig und sie nur zu zweit. Die beiden wohnten in einem heruntergekommenen Haus, die Wände waren voller Bilder, so alte Stiche und Familienportraits. Und in jedem Raum hatte es Möbel aus dem vorherigen Jahrhundert. Wie in einem Museum. So sah auch das Essen aus, das wir serviert bekamen, aber es schmeckte hervorragend.
Gut gestärkt stiegen wir wieder ins Auto und nahmen den Feldweg, eine Abkürzung, wie uns das Paar erklärt hatte: Einfach am Bach entlang und rechts über die Brücke, dann kommt ihr zur richtigen Autobahn. Wir fuhren an Obstplantagen vorbei und durch lange Alleen aus Pappeln. Schön, aber kommt das gut? Wir hatten keine Ahnung, wo wir uns befanden. Dann endlich ein verbogenes Strassenschild mit dem Autobahnzeichen. Endlich ging’s wieder flott vorwärts, doch das Benzin ging langsam aus. Wann kommt eine Tankstelle? Keine Ahnung. Dann ein Schild mit Zapfsäule. Noch 30 Kilometer. Puh, das wird knapp. Aber wir haben es geschafft.
An der Tankstelle steckten wir unsere Köpfe zusammen. Die Strassenkarte verriet uns, dass es hier wohl zwei Autobahnen nahe beieinander geben muss. Doch auf welcher waren wir? Wir fragten den Tankwart und plötzlich verstanden auch wir, was die unterschiedlichen Linien und Farben auf der Karte bedeuten. Zugegeben, die Legende gut zu studieren und sich wichtige Eckpunkte zu merken, wäre hilfreich gewesen.
Wie auch immer. Schlussendlich fanden wir unsere Ferienwohnung am Meer. Doch dummerweise waren wir durchs Stadtzentrum gefahren. Was für ein Verkehr! Plötzlich bogen wir in eine Einbahn ein und lösten ein Hupkonzert aus. Wie sollen wir hier bloss wenden? Ist doch viel zu eng! Nun ja, es ging, zwar mit Beule, aber die ist nicht so schlimm. Alles gut. Wirklich. Nur keine Sorgen.
Jetzt sind wir hier und geniessen den Strand. Wir kamen sogar in unsere Ferienwohnung hinein, obwohl wir erst um 2 Uhr 30 eintrafen. Wir mussten unsere Gastgeber aus dem Schlaf klingeln, aber sie waren trotzdem ganz nett. Wir hoffen, das bleibt so. Ist wirklich schön hier. Sonnige Grüsse.»
Zum Glück gab es damals noch keine Messenger-Dienste. Aber Telefonkabinen. Also rief ich am nächsten Tag wie vereinbart meine Eltern an: «Ja, ja sind gut angekommen. Den Weg? Klar, den haben wir tipptopp gefunden, hatten ja eine Strassenkarte dabei. Alles bestens und wirklich schön hier. Bis bald. Hab euch lieb.»
Mehr Kontakt nach Hause gab es nicht für die nächsten drei Wochen. Das waren noch echte Ferien.
Franco Furger
Franco Furger ist in Pontresina aufgewachsen und hat am Lyceum Alpinum Zuoz die Matura absolviert. Danach tourte er als Profi-Snowboarder um die Welt und liess sich zum Journalisten ausbilden. Er arbeitete als Medienkoordinator bei Swiss Ski, Redaktor bei der Engadiner Post und World Cup Organisator bei der Corvatsch AG. Im Sommer 2017 bloggte Franco über seine Erlebnisse als «Chamanna Segantini-Hüttenbub». Die Liebe führte ihn dann in die Stadt Luzern, wo er die Sonne und die Bündner Berge vermisste. Nun lebt er als freischaffender Texter mit Frau und Sohn in Laax.
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