20.03.2025 Fabiana Wieser 2 min

Gross waren die Erwartungen an die Nordische Weltmeisterschaft in Norwegen. Das Mutterland des Langlaufsports, wo den Kindern der Bewegungsdrang und die Naturverbundenheit bereits in die Wiege gelegt werden. Die langlaufführende Nation schlechthin, dessen Flagge die vorderen Plätze der Ranglisten dominiert. Das Land, in dem die Euphorie und Begeisterung für diesen Sport kaum zu überbieten sind. Das Land, in dem die Gesichter der Langlauf-Stars auf Werbeflächen erscheinen wie Roger Federer in der Schweiz. Übrigens auch das Land, in dem es gefühlt mehr Rollskibahnen und Loipen gibt als Einwohner. Und ja, trotz diesem Vorwissen wurden meine Erwartungen übertroffen. 

Trondheim – die Stadt der vier Jahreszeiten. Warum sie so genannt wird, wurde mir schnell klar: Innerhalb weniger Stunden kann das Wetter von strahlendem Sonnenschein zu Schneefall oder Platzregen umschlagen.  Doch weder die eisernste Kälte noch der heftigste Regen hielten die Norweger davon ab, den Weg an den Loipenrand zu finden. Und da kamen sie, schlangenweise und in Massen angeströmt, nach Byasen in Richtung Stadion. Es war die grösste Tribüne, die ich je gesehen hatte. Und am Loipenrand standen so viele Menschen, dass ich aus dem Staunen gar nicht mehr herausfand. Jubelnd, zurufend, feiernd und einfach nur glücklich, einen Teil dieses Langlauffestes zu sein. Und als kleine Randnotiz, zu diesem Zeitpunkt dauerte es noch zwei Stunden bis zum Wettkampfstart. Das prestigeträchtige 50-Kilometer Rennen der Männer war stimmungstechnisch zweifellos das Highlight dieser WM. Ich begab mich zum Stockposten auf Position und habe die einmalige Atmosphäre bis in jede einzelne Körperzelle aufgesaugt – Es lebe der Langlaufsport! 

Bei doch einigen Zuschauenden rundherum (meine Position befand sich im Wald des Studentenlagers) war der Alkoholpegel inzwischen so stark angestiegen, dass das Wettkampfgeschehen in den Hintergrund rückte. Nicht aber bei der jungen Dame hinter mir stehend, höchst fokussiert auf ihren Handybildschirm, verfolgte sie die Medaillenentscheidung in der TV-Übertragung. Plötzlich ein paar für mich unverständliche, norwegische Worte. Die Stimmlage verriet mir aber, dass es nichts Gutes ist. «Darf ich auf deinem Bildschirm mitschauen, ich habe keine Verbindung mehr», wandte sich die junge Frau an mich. Zitternd, schreiend und beim Überqueren der Ziellinie emotional aufgewühlt und weinend freute sie sich gemeinsam mit ihren Kolleginnen über eine weitere Goldmedaille von Johannes Hoesflot Klaebo. Aber es war nicht einfach nur eine weitere Medaille – es war das sechste und zugleich historische WM-Goldmedaille ihres Bruders. Natürlich habe ich sie erkannt, es war Anne Hoesflot Klaebo die bei mir auf dem Bildschirm mitgeschaut hat. 

Fabiana Wieser

Fabiana Wieser ist 26 Jahre alt und gebürtige Unterengadinerin. Sport war schon immer ihre grosse Leidenschaft. Zu Beginn war sie oft auf den Skipisten unterwegs, bis sie schliesslich ihre Passion zum Ausdauersport, aber insbesondere zum Langlaufsport, entdeckte. Sie absolvierte das Gymnasium am Hochalpinen Institut in Ftan und hat in dieser Zeit unter anderem die Spitzensport RS in Magglingen absolviert.