Gänsehaut und Graus

 Je nach Disziplin fühlt es sich an wie bei einem Zirkusbesuch, bei dem man die Luft anhält, bis der Artist seine Darstellung beendet hat. Diese Woche stehen die Aerials und die Sprünge über die Big-Air-Schanze an. Allein schon beim Betrachten der Fotos verspüre ich den Impuls, die Hände vor die Augen zu schlagen. Der Mutterinstinkt lässt alle Alarmglocken schrillen, wenn ein junger Mann drei Salti und fünf Schrauben macht, oder sich eine junge Athletin über eine riesige Schanze stürzt, um in luftiger Höhe Tricks und Drehungen zu zeigen. Ich denke unweigerlich daran, dass diese Söhne und Töchter irgendwann auch landen müssen. Und dies möglichst, ohne sich alle Knochen zu brechen. 

Darum möchte ich den Eltern der Teilnehmenden ein Kränzchen winden. Sie waren es nicht nur, die ihre Sprösslinge mit grosser Wahrscheinlichkeit finanziell und moralisch unterstützt haben, damit sie an die Weltspitze gelangen, sie müssen sich vor allem ansehen, wie ihre Kinder immer wieder mit halsbrecherischer Geschwindigkeit eine Schanze runterfahren und dann durch die Luft fliegen. Trapezkünstlerinnen sind harmlos im Gegensatz zu den Skiakrobatinnen oder Snowboard-Höhenfliegern. Und doch werde ich mir diese Finals anschauen, denn trotz kalten Schauern, die den Rücken runterlaufen, sind diese Freestyle-Vorstellungen einfach zu faszinierend. Ich kann ja zwischen den Fingern hindurchblicken und notfalls auch mal die Augen schlie­ssen.