John A. Symonds, Author und Lite­ra­turkritiker, weilte um 1880 zur Kur in Davos, und wie die meisten Gäste im Tal litt auch er an Tuberkulose. Während viele Patienten wegen ihres schlechten Gesundheitszustandes keine körperliche Tätigkeiten ausüben durften, war etwas «Schlitteln» doch erlaubt von den Ärzten. Das Schlitteln auf der Strasse von Davos nach Klosters oder auf den Hängen rund um Davos wurde rasch populär.

The International Race Davos
Symonds erkannte das Potenzial und gründete im Winter 1883 den «Davos Tobogganing Club». Er wurde gleich zum Präsidenten gewählt. Im Laufe der Wochen entstanden viele neue Freundschaften unter den ausländischen Schlittlern und den Einheimischen. Symonds wollte aber mehr. Ein Rennen musste her, um diesen neuen Trend weiter zu entwickeln und mehr Mitglieder zu gewinnen. Das «International Race» von Davos nach Klosters sollte die neue Attraktion in den Schweizer Alpen werden. Am 12. Februar 1883 nahmen 21 Männer am ersten «International Race» von Davos nach Klosters teil. Das erste Rennen hatte zwei Sieger, den Australier George Robertson und den Posthalter Peter Minsch aus Davos. Beide absolvierten die Strecke zeitgleich in neun Minuten und 15 Sekunden. John A. Symonds gilt heute als der Vater des «Schlittel-Sports» in der Schweiz, wenn nicht in der ganzen Welt. 

Das Engadin erwacht
Auch die Gäste im Engadin waren nicht untätig, sondern entdeckten viele neue Möglichkeiten, ihre Zeit im Engadin während ihres Aufenthaltes interessant zu gestalten, bot doch das Tal unendliche Möglichkeiten für alles nur Erdenkliche. Schon 1876 schlittelten Gäste an den Hängen nördlich des Kulm Hotels in St. Moritz eine 180 Meter lange und raue Bahn hinunter. Erst acht Jahre später, im Herbst 1884, entschieden Johannes Badrutt, Besitzer des Kulm Hotels, und ein «Vergnü­gungs-Komitee», bestehend aus fünf englischen Gästen, eine richtige Eisbahn zu bauen, um mehr Gäste ins Engadin zu locken.

Start zum Bau einer Schlittelbahn 
Der 22-jährige Ingenieur Peter Bonorand (1862–1914) erhielt von Johan­nes Badrutt den Auftrag, ein geeignetes Gelände für eine Bahn zu suchen. Bonorand fand ein anspruchsvolles Gelände etwas nördlich, aber in der Nähe des Kulm Hotels. Ende November 1884 wurde mit dem Bahnbau begonnen. Der Start der Bahn war auf der Fläche unterhalb der katholischen Kirche gewählt worden, um den Gästen einen leichten Zugang zu ermög­lichen. Später erhielt der Standort den Namen «Junction». Die Bahn schlängelte sich das Tal hinunter, über die Strasse nach Celerina, und endete in den Feldern oberhalb des Dorfteils «Cresta» an der Strasse. Einige Wochen später wurde die Bahn dann vom «Junction» aus nach oben erweitert. Der Start wurde etwas oberhalb der katholischen Kirche angesiedelt und verlängerte so die Bahn um 400 Meter. Der Top-Start war geboren. Drei Kurven vor dem «Junction», im steilen Gelände, wurden zur grossen Herausforderung für viele Fahrer. Ein Gast aus England hatte die zündende Idee, den Schnee mit Wasser zu bespritzen, um eine richtige Eisbahn zu erzeugen. Nun konnten auch Schlitten mit Metallkufen hinunterfahren, und die Bahn hielt diesen Belastungen stand.

So entstand im Dezember 1884 der «Cresta Run», die erste Natureisbahn der Welt auf einer Länge von einer dreiviertel Meile, das entspricht rund 1,3 Kilometern. Die Natureisbahn wird seither jedes Jahr von italienischen Arbeitern von Hand erbaut und gilt als die «Mutter aller Eisbahnen» weltweit. 

Kopf voran
In den frühen Jahren fuhren die Freizeitsportler auf den Davoser Holzschlitten oder auf Metallschlitten sitzend die Bahn hinunter. Erst im Jahre 1887 versuchte ein Mark Cornish mit einer neuen Position, und zwar «Kopf voran», die Bahn hinunterzufahren. Nach und nach setzte sich die «Kopf voran»-Position als die beste Art, einen Schlitten schneller als sitzend nach Celerina zu fahren, durch. Einer neuer Sport, der «Cresta Sport» war geboren. 

Cresta Club 1887
Erst drei Jahre später bewog Johannes Badrutt die interessierten Hotelgäste, einen Schlittelclub wie in Davos zu gründen. Daraufhin wurde am 17. November 1887 der «Saint Moritz Tobogganing Club» (SMTC) im Kulm Hotel gegründet. Drei Briten und ein italienischer «Duca» bestimmten im Komitee die Regeln des SMTC, im Einklang mit den Wünschen von Johannes Badrutt. Mit der Zeit wurden immer mehr Rennen im Rennkalender aufgenommen und die neue Sportart mit dem neuen Club entwickelte sich zu einem festen Bestandteil in der Gesellschaft der Gäste in St. Moritz. Bis heute ist das unverändert geblieben. Heute ist die Wertschöpfung dieser Sportart im Tal mit allen Events neben der Bahn enorm. Der Cresta Sport wurde zu einem festen Bestandteil der ganzen Region. 

Präsident James Sunley eröffnete am Donnerstag feierlich die Cresta-Saison 2024/2025 und schlägt damit ein weiteres Kapitel in der traditionsreichen Geschichte der einzigartigen Sportart auf. 

Autor: Giancarlo Cattaneo