Im Gebiet «Prà Chalchera» am westlichen Rand der Fraktion Tschierv soll das Ferienresort «La Sassa» realisiert werden. An der Gemeindeversammlung vom 14. September 2018 haben die Stimmberechtigten der Gemeinde Val Müstair mit einer Teilrevision der Ortsplanung die nutzungsplanerischen Voraussetzungen dafür geschaffen.

Das Resort würde neben der Talstation einer geplanten Zubringerseilbahn ins Skigebiet «Minschuns» zu stehen kommen. Erstellung und Betrieb dieser Achter-Kabinenbahn erfordern eine Plangenehmigung sowie eine Betriebsbewilligung des Bundes. Ein entsprechendes Gesuch wurde im Dezember 2018 beim Bundesamt für Verkehr in Bern eingereicht. Im Zuge dieses Verfahrens werden auch die Auswirkungen der Seilbahn auf das Landschaftsbild sowie die Umwelt (Flora und Fauna) beurteilt. Das Verfahren ist noch hängig.

Am 5. November 2019 genehmigte die Bündner Regierung die von der Gemeinde Val Müstair beschlossene projektbezogene Teilrevision der Ortsplanung. Gegen diesen Beschluss erhoben die beiden Umweltschutzorganisationen Stiftung Landschaftsschutz Schweiz und Mountain Wilderness Beschwerde an das damalige Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden (heute: Obergericht des Kantons Graubünden). Die Beschwerdeführenden rügten grundsätzlich, es bestehe kein Bedarf nach einem Resort dieser Grösse. Den Projekten Ferienresort und Zubringerseilbahn stünden ausserdem überwiegende öffentliche Interessen des Natur- und Heimatschutzes sowie des Umweltschutzes entgegen. Sie monierten weiter, dass eine Waldrodung für die geplante oberirdische Parkierungsanlage nicht zulässig sei, und sie befürchteten eine Umgehung der Zweitwohnungsgesetzgebung. Die Regierung und die Gemeinde Val Müstair beantragten, die Beschwerde abzuweisen.  Sie stellten sich unter anderem auf den Standpunkt, dass die Realisierung des Gesamtprojekts erhebliche Chancen für den Tourismus bringe und darum für die Entwicklung des Val Müstair wichtig sei.

Auf Antrag der Parteien wurde das Verfahren Anfang 2020 sistiert: In den folgenden vier Jahren wurde diese Sistierung dann wiederholt verlängert. Im Februar 2024 schliesslich wurde das Verfahren fortgesetzt. Das Obergericht kommt in seinem Urteil zum Schluss, dass sich die projektbezogene Teilrevision der Ortsplanung für das Resort «La Sassa» richtplanerisch auf einen kantonalen und regionalen Entwicklungsschwerpunkt stützt. Die Rüge der beschwerdeführenden Umweltschutzorganisationen betreffend eines fehlenden Bedarfsnachweises verfängt aus Sicht des Obergerichts ebenfalls nicht: Die vorliegenden konkreten Pläne zeigen, dass für die Region Val Müstair touristisches Entwicklungspotenzial besteht. Weiter kann zum jetzigen Zeitpunkt des nutzungsplanerischen Verfahrens keine Verletzung des Zweitwohnungsgesetzes ausgemacht werden.

Gutgeheissen wurde die Beschwerde der Umweltschutzorganisationen hingegen in Bezug auf die erteilte Rodungsbewilligung im Zusammenhang mit der vorgesehenen Erstellung einer oberirdischen Parkierungsanlage mit rund 130 Autoabstellplätzen unmittelbar bei der Talstation und beim Ferienresort. Hier urteilt das Obergericht, dass die neu festgelegte Parkierungszone und die damit verbundene Rodung von insge- samt 457 Quadratmetern Wald – trotz vorgesehenem Realersatz und öffentlichem Interesse an den Parkplätzen – nicht gesetzeskonform ist. Der Genehmigungsbeschluss der Regierung wurde in diesem Punkt aufgehoben.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es kann von den Parteien beim Bundesgericht angefochten werden