Welche Leistungsanpassungen sind zu erwarten, wenn die SGO nicht in das KSGR integriert wird?
Christian Brantschen: Die Leistungen und deren Finanzierung müssten mit den Gemeinden neu diskutiert werden.
Die SGO Oberengadin tritt auf Social Media (Instagram) bereits mit dem KSGR-Logo auf – darf man das?
Christian Brantschen: Im Account werden jeweils verschiedene einzelne Beiträge (sogenannte Posts) veröffentlicht. Derzeit laufen die Beiträge im Zusammenhang mit der Integration der SGO ins KSGR, wo jeweils diverse Themen und Fragen zur Integration abgehandelt werden. Auf diesen Posts (eine Art digitales Plakat) werden die Logos der beiden Häuser SGO und KSGR abgebildet, da ja in diesen Fragestellungen die beiden Häuser betroffen sind. Dies ist selbstverständlich zulässig.
Wie bezahlt die SGO die Pro-Inserate in der «Engadiner Post»? Wenn diese Inserate mit unseren Steuergeldern bezahlt werden, hat das nichts mit sauberem Wahlkampf zu tun.
Christian Brantschen: Der Stiftungsrat der SGO ist wie die Exekutiven aller Staatsebenen verpflichtet, die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger über Abstimmungsvorlagen sachlich, objektiv und vollständig zu informieren. Im Rahmen dieser Verpflichtung hat sich der Stiftungsrat dazu entschieden, die in der politischen Diskussion aufkommenden Fragen in Inseraten, und damit ausserhalb des redaktionellen Teils der «Engadiner Post» zu beantworten.
Wie und von wem wird die SGO weitergeführt, wenn das Spital in das Kantonsspital integriert wird?
Christian Brantschen: Aufsichtsgremium der SGO bleibt der Stiftungsrat. Alle elf Gemeinden werden weiterhin im Stiftungsrat vertreten sein. Der Verwaltungsrat soll von bisher fünf bis sieben auf drei bis fünf Mitglieder reduziert werden. Zu seinen Aufgaben wird die Wahl der Geschäftsleitung und der Verantwortlichen der einzelnen Bereiche gehören.
Welche Strategie wird verfolgt, insbesondere im Hinblick auf die Immobilien und Liegenschaften?
Christian Brantschen: Sämtliche Liegenschaften (Spitalgebäude mit Nebengebäuden, Personalhäuser etc.) verbleiben im Eigentum der Stiftung Gesundheitsversorgung Oberengadin. Sie sorgt für deren Bewirtschaftung und Unterhalt. Um ihr dies langfristig zu ermöglichen, werden die Gemeinden zu gegebener Zeit über eine Wertberichtigung und allfällige Infrastrukturbeiträge zu befinden haben. Die Grundlagen für diese Entscheide werden zurzeit erarbeitet.
Warum werden der Bevölkerung nicht verschiedene Varianten vorgelegt, über die abgestimmt werden kann?
Christian Branschen: Im Februar 2024 haben wir Personal und Öffentlichkeit darüber informiert, dass die SGO eine detaillierte Überprüfung der längerfristigen strategischen Ausrichtung des Spitals initiiert. Im Zuge der Arbeit zeigte sich dann, dass die Variante «Weiterführung der Selbständigkeit» im Vergleich zur Variante «Albula», das heisst Integration des Betriebes des Spitals in das Kantonsspital Graubünden, keine Handlungsvariante darstellt. Die Weiterführung der Selbständigkeit wäre mit erheblichen Risiken verbunden.
In der Folge haben wir regelmässig und offen über den Stand der Arbeiten und die geprüften Varianten informiert. Wir haben klar gezeigt, dass aus Sicht des einstimmigen Stiftungsrats nur die Integration ins Kantonsspital eine dauerhafte Sicherung der Gesundheitsversorgung sicherstellt.
Zusätzlich ist darauf hinzuweisen, dass eine Variantenabstimmung auch aus formellen Gründen nicht möglich wäre, da ausser der Gemeinde St. Moritz keine der Oberengadiner Gemeinden in ihrer Verfassung das Institut der Variantenabstimmung erwähnt hat.
Wie geht es konkret weiter, wenn die Integration mit dem Kantonsspital nicht zustande kommt und auch die neuen Leistungsvereinbarungen zum Status quo abgelehnt wird?
Christian Brantschen: Ein Nein zur Integration befreit keine Gemeinde aus ihrer Pflicht, für die Grundversorgung der Bevölkerung zu sorgen. Allerdings müssten die Leistungen sowie die Finanzierung mit den Gemeinden neu diskutiert werden.
Scheitern die Integrationsanträge ganz, dann muss unverzüglich eine neue Lösung für die Zukunft des Spitals Oberengadin erarbeitet werden. Die bestehende Leistungsvereinbarung der SGO mit den Gemeinden des Oberengadins endet mit dem Jahr 2025. Die finanzielle Stabilität des Spitals wäre stark gefährdet und könnte nur durch erheblich höhere Gemeindebeiträge gewährleistet werden.
Warum ist ein «Weiter wie bisher» keine Option für den Stiftungsrat?
Christian Brantschen: Gemäss Berechnungen müssen die Gemeinden für die kommenden Jahre allein zur Sicherstellung des laufenden Betriebs Beiträge von 11,4 Mio. Franken bereitstellen. Der inzwischen vorliegende Abschluss 2024 zeigt, dass diese Schätzung sogar eher zu tief liegt.
Die Gemeinden müssten diese hohen Beiträge bereits für 2026 garantieren und sofort bereitstellen, weil dem Spital sonst die flüssigen Mittel für den Weiterbetrieb fehlen. Dass die Gemeinden, die für eine Integration sind, einer Leistungsvereinbarung mit Alleingang und massiv höheren Beiträgen zustimmen würden (Einstimmigkeit), ist mehr als fraglich.
Das kantonale Departement für Justiz, Sicherheit und Gesundheit hat dies mit folgendem Zitat bestätigt: «Weiterführung der Selbständigkeit mit dem bestehenden Leistungsangebot ist aufgrund der geringen Fallzahlen und der fehlenden Kooperationsmöglichkeiten nicht nur aufgrund der Wirtschaftlichkeit, sondern auch wegen der Qualität der medizinischen Leistungen nicht zweckmässig.»
Nachdem zuerst viel investiert werden muss, um die Prozesse und die Informatiksysteme zu harmonisieren, werden einige Stellen in der Administration eingespart. Beim medizinischen Personal gibt es aber kaum Einsparungen, weil das Angebot gleichbleiben soll. Wie kann das finanziell aufgehen?
Hugo Keune: Es ist richtig, dass sich auch bei einer Integration ins Kantonsspital Graubünden (KSGR) die Ausgangslage nicht ändert. Nebst den Einsparungen im Bereich Administration können weitere Fixkosten (beispielsweise von ICT-Systemen) auf insgesamt mehr Fälle aufgeteilt werden. Zudem können medizinische Leistungen, welche heute bereits in Form von Kooperationen erbracht werden, effizienter gestaltet werden. Insbesondere aber können für planbare Therapien und Eingriffe Spezialistinnen und Spezialisten an den verschiedenen Standorten eingesetzt werden, welche für einen Standort alleine nicht ausreichend ausgelastet wären. Hier kann auch auf den Einkauf von teuren externen Spezialisten verzichtet werden.
Das Kantonsspital Chur hat im November 2021 praktisch über Nacht die Privatklinik Gut übernommen und damit sein Angebot im medizinischen Bereich erweitert. Mit dieser Übernahme hat das Kantonsspital das Spital Samedan konkurrenziert und dies auf dem Buckel der Gemeinden und der Steuerzahler.
Hugo Keune: Die Klinik Gut hat zum damaligen Zeitpunkt einen Käufer gesucht und ist auf das KSGR zugekommen. Hätte das KSGR die Klinik Gut nicht übernommen, wäre die Klinik Gut an eine andere Privatklinikgruppe ausserhalb des Kantons Graubünden verkauft worden. Das KSGR hat mit dem Spital Oberengadin bekanntlich eine langjährige Zusammenarbeit in Form von Kooperationen. Diese Zusammenarbeit wurde auch nach der Übernahme der Klinik Gut uneingeschränkt weitergeführt. Das KSGR hat sich zurückgehalten und von sich aus die Konkurrenzsituation nicht weiter verschärft. Wäre die Klinik Gut allerdings durch eine grosse Privatklinikgruppe übernommen worden, kann davon ausgegangen werden, dass das Spital Oberengadin in der Folge deutlich stärker konkurrenziert worden wäre. Verschiedene Versuche einer Zusammenarbeit zwischen dem Spital Samedan und der Klinik Gut AG sind in den Jahren zuvor gescheitert. Zu erwähnen ist, dass die Steuerzahler für das Angebot der Klinik Gut AG im Gegensatz zu den übrigen Spitälern im Kanton nichts bezahlen. Die Klinik Gut erhält bis heute als einziges Spital keine gemeinwirtschaftlichen Leistungen oder Subventionen des Kantons oder der Gemeinden.
Wie will das KSGR dem Fachärztemangel im Engadin begegnen?
Hugo Keune: Für das KSGR ist dies keine neue Situation. Auch am Standort Chur sowie in der restlichen Schweiz gibt es einen Fachkräftemangel. Die geografische Lage ist sicherlich eine zusätzliche Herausforderung. Im Verbund mit dem KSGR eröffnet sich für die Mitarbeitenden die Einbindung in ein Zentrumsspital.
Können Ressourcen im Kaderarztbereich für Samedan abgezogen werden, zum Beispiel in der Gynäkologie/Geburtshilfe?
Hugo Keune: Das KSGR wird gemäss Leistungsvereinbarung das bisherige Angebot fortführen. Grundsätzlich werden die Mitarbeitenden der SGO (Spital) durch das KSGR übernommen.
Warum wurde beschlossen, den Vertrag nur für sechs Jahre abzuschliessen?
Hugo Keune: Das Umfeld und die Medizin ändern sich dramatisch rasch. Niemand würde heute eine Vereinbarung über eine fixe Dauer von zehn bis 20 Jahren abschliessen. Die SGO und das KSGR können die Situation nach sechs Jahren gemeinsam neu beurteilen.
Der Zusammenschluss zu einem Gesundheitszentrum war ein wichtiger Schritt in Richtung integrierter Grundversorgung. Bleibt diese Errungenschaft erhalten, wenn das Spital wieder von der Spitex und den Alterszentren getrennt wird?
Prisca Anand: An der engen Zusammenarbeit zwischen dem Spital und den in der SGO verbleibenden Institutionen wird sich nichts ändern.
Wie sieht es mit den Kosten für die Spitex, die Alterszentren und die Alters- und Gesundheitsberatung nach einer allfälligen Integration der SGO in die KSGR aus?
Prisca Anand: Die SGO erhält weiterhin feste Gemeindebeiträge für den Betrieb der Alterszentren Promulins und Du Lac, der Spitex sowie der Beratungsstelle Alter und Gesundheit. Wie beim Spital sind diese Beiträge in Leistungsvereinbarungen festgelegt. Die Leistungsvereinbarung für die beiden Alterszentren läuft bis Ende 2027 unverändert weiter. Sie sieht eine maximale Defizitgarantie von drei Millionen Franken pro Jahr vor. Für die Spitex und die Beratungsstelle Alter und Gesundheit wird eine Verlängerung der Ende 2025 auslaufenden Leistungsvereinbarungen bis Ende 2027 beantragt. Diese sehen für die Spitex eine maximale Defizitgarantie von 100 000 Franken pro Jahr und für die Beratungsstelle einen jährlichen Pauschalbetrag von 100 000 Franken vor. (ep)
Prisca Anand ist Verwaltungsratspräsidentin der Stiftung Gesundheitsversorgung Oberengadin (SGO).
Christian Brantschen ist SGO-Stiftungsratspräsident.
Hugo Keune ist Vorsitzender der Geschäftsleitung des Kantonsspitals Graubünden.
Die Fragen sind im Vorfeld der Baderleda und während des Anlasses per WhatsApp eingegangen. Sie wurden von Prisca Anand, Christian Brantschen und Hugo Keune schriftlich beantwortet.
Christian Brantschen ist SGO-Stiftungsratspräsident.
Hugo Keune ist Vorsitzender der Geschäftsleitung des Kantonsspitals Graubünden.
Die Fragen sind im Vorfeld der Baderleda und während des Anlasses per WhatsApp eingegangen. Sie wurden von Prisca Anand, Christian Brantschen und Hugo Keune schriftlich beantwortet.
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