Open Doors Engadin Was bewegt eine Hamburger Familie, sich im zehn Autostunden entfernten Bergell niederzulassen? Die Antwort gibt der Hausherr, der sich mit seiner Frau und den drei Kindern in die Region verliebt hat: «Das Bergell, durch das die Maira fliesst, ist ein wenig wie Hamburg an der Elbe, ein Ort der Durchreise, an dem viele Menschen vorbeiziehen. Die Bewohner hier sind dank des Handels und der Auswanderung Kosmopoliten.» Aus einer Handelsfamilie entstammte auch der Bauherr des stattlichen Hauses am Ortseingang der Via Principale. Der Kaufmann Vincenzo Vincentini erbaute sein Haus im Jahr 1888 im neoklassizistischen Stil, das ist mit goldenen Lettern an dem mit Friesen eingerahmten Hausgiebel bezeugt. Mehr als zwanzig Jahre stand das ehemalige Wohn- und Geschäftshaus leer, bis es die neuen Eigentümer 2020 übernahmen und gemeinsam mit dem Bergeller Architekten Rodolfo Fasciati, begleitet von der Denkmalpflege Graubünden, zwei Jahre lang behutsam renovierten. Die Eingriffe sind kaum sichtbar, deutlich wird die Veränderung aber beim Rückblick auf die Fotos vor dem Umbau. Das Erdgeschoss, in dem sich ein Dorfladen befand, ist heute als Eingangsbereich mit Schränken und Bildern grosszügig freigelassen. Ein Treppenhaus mit schmiedeeisernem Geländer führt in den Wohnbereich im ersten Stock. In der ehemaligen Speisekammer ist die Waschküche eingebaut, daneben liegt eine dunkelgrün gestrichene offene Küche mit einer Steinplatte, welche mit den Böden aus Splügen-Granit korrespondiert. Von der Küche gelangt man in zwei getäferte Stuben mit Holzdielen und Parkett. Diese sind sparsam mit einem langen Holztisch und modernen Designermöbeln von Arne Jaobsen und USM-Haller möbliert. Im zweiten Stock befinden sich die Schlafzimmer mit eingebauten naturbelassenen Holzschränken. Ein blaues und ein rot gestrichenes Bad setzen in den Nischen des Treppenhauses farbige Akzente, die mit den erdig belassenen Ocker-Tönen und zarten, alten floralen Deckenmalereien kontrastieren. Im Keller zeugen in den Fels geschlagene Lagerräume von der Geschichte des Handels und womöglich auch des Schmuggels an diesem abgelegenen bündnerischen Grenzort. (sve)