Mario Cavigelli, Verwaltungsratspräsident der RhB, begrüsste die Medienschaffenden an der Jahreskonferenz mit einem Foto, welches eine Menschentraube beim Einsteigen in einen roten RhB-Waggon zeigt. Das Bild steht sinnbildlich für das erneut starke Wachstum der Frequenzen. «Das freut uns natürlich, aber es fordert uns auch ganz massiv», sagte Cavigelli. Kurz vor Jahresabschluss kann die RhB von au­sserordentlich guten Verkehrserträgen für 2024 ausgehen. Das betrifft den Personenverkehr, den Autoverlad Ve­reina, den Güterverkehr, aber auch den Glacier Express und den Bernina Express. 

«Wir sind über dem Budget 2024 und über das Vorjahr, obwohl 2023 bisher das erfolgreichste Jahr für die RhB war», informierte der Verwal­tungs­rats­präsi­dent. Den regionalen Personenverkehr bezeichnete er als «die grösste Kiste». Zum zweiten Mal konnten Verkehrserträge von über 100 Millionen Franken kommuniziert werden. 2023 erzielte das Bahnunter­nehmen gesamthaft 118 Millionen Franken Ertrag, dieses Jahr erwartet es sogar rund 130 Millionen Franken (siehe Kasten).

Personalsituation hat sich beruhigt
«Die Nachfrage ist grösser als erwartet, aber wir haben auch hohe Kosten», sagte Cavigelli. Der RhB stehen viele Erneuerungsinvestitionen bevor. Unter anderem wird die RhB-Flotte, zu der inzwischen 56 Capricorn-Trieb­züge gehören, um sechs weitere Capricorn-Triebzüge (Kostenpunkt 66 Millionen Franken) erweitert. Damit will die RhB dem starken Frequenzwachstum der Linien Landquart-Davos/St. Moritz sowie auf der S-Bahn gerecht werden. Erneuerungen und Erweite­rungen sind bei der Infrastruktur vorgesehen, von Werkstätten über Abstellgleise bis zu Tunneln und Bahnhöfen. Damit verbun­den ist auch zusätzliches Personal. 

Die Situation beim Lokpersonal hat sich nach der angespannten Situation im vergangenen Jahr entspannt. Über 50 Lokführerinnen und Lokführer konnten ausgebildet werden. Die RhB hat eine grosse Ausbil­dungsoffensive für Lokpersonal gestartet. Investiert hat das Unternehmen auch in vier Loksimulatoren. 

Bernina Express bricht Rekord
Einen Blick auf den Geschäftsverlauf der RhB hat Direktor Renato Fasciati bis in den Monat November geworfen. Er konnte Zahlen präsentieren, die im Vergleich zum Vorjahr gestiegen sind. Im Personenverkehr gab es beim Nettoerlös ein Plus von zwölf Prozent, beim Vereina-Auotverlad ein Plus von vier Prozent. «Wir erwarten ein Resultat von über einer halben Million Fahrzeuge», sagte Fasciati. Beim Güterverkehr ist die Nachfrage stabil geblieben. 

«Das grösste Wachstum hatten wir im Freizeit- und Tourismusbereich», informierte der Direktor, konkret bei den Express-Zügen. DerBernina Express verzeichnet per Ende November 2024 ein Wachstum von 15,4 Prozent, der Glacier Express von 3,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. «Vergleichen wir die Frequenzen von 2024 mit 2019, haben wir beim Bernina Express eine Verdoppelung der Nachfrage», sagte Fasciati. Die Auslastung des Bernina Express ist so hoch, dass die RhB fast in allen Monaten des Jahres an die Kapazitätsgrenze stösst. «Sehr viele Gäste können nicht reisen, weil sie schlichtweg keinen Platz bekommen.»

Zwei «Sorgenkinder»
«Etwas Sorge bereitet uns die Pünktlichkeit», sagte Fasciati. In diesem Jahr ist die Pünktlichkeit der RhB um drei Prozentpunkte gesunken. Der Hauptgrund sind die vielen Baustellen, die ein langsameres Fahren erfordern. Der Brienzer Rutsch hatte zudem negative Auswirkungen auf die Pünktlichkeit der Züge auf der Albulastrecke und damit auf das gesamte RhB-Netz.

Der Betriebsaufwand bereitet den Verantwortlichen der RhB ebenfalls Sorgen. «Wir stehen einer grossen Teuerung gegenüber, sei es im Personalbereich oder bei den eingekauf­ten Leistungen», erläuterte er. Diese wirke sich auch auf die Rechnungen der RhB aus. Immerhin nehmen die Erträge stärker zu als die Kosten. Dennoch gelte es, die Situation im Auge zu behalten, so der Direktor. 

Fahrplanwechsel 2025 geglückt
In den vergangenen Jahren hat der Fahrplanwechsel die RhB stets stark beschäftigt. Seit dem 15. Dezember ist der neue Fahrplan 2025 gültig. «Mit Befriedigung darf ich sagen, dass der Fahrplanwechsel geglückt ist», sagte Fasciati. Es ist seit der Einführung des Flügelzugbetriebs im Prättigau der grösste Wechsel und umfasst unter anderem die Kurzwende in St. Moritz mit einer Reduktion der Fahrzeit um sieben Minuten (die EP berichtete). Auch wurden ein Schnellbus Zuoz-Samedan-St.  Moritz und ein Halbstundenbus Scuol-Zernez eingeführt.

In seinem Ausblick hielt Fasciati fest: «Die grosse Modernisierung der RhB schreitet weiter voran.» Das Bahnunternehmen werde sehr stark ins Rollmaterial und in die Infrastruktur investieren. Schwerpunkte sind einige Bahnhöfe. Arealentwicklungen im Engadin sind in den nächsten Jahren in St. Moritz, Celerina, Pont­resina, Samedan und Scuol geplant. In Samedan soll das Verwaltungszentrum entstehen. «Gerade in den touristischen Orten ist eines der grossen Ziele, dass wir zusätzlichen Wohnraum schaffen, insbesondere für unsere Mitarbeitenden und für Einheimische.»

RhB ist ein wichtiger Wirtschaftsmotor

Der Kanton Graubünden hat für den Bereich Tourismus die Bruttowertschöpfung ermitteln lassen. Die gleiche externe Unternehmung hat für die RhB nach den gleichen Kriterien die Bruttowertschöpfung der RhB für den Kanton und für die Schweiz eruiert. Innerhalb des Kantons generiert die RhB gemäss den Ergebnissen der Studie direkte und indirekte Wertschöpfung in Höhe von jährlich 464 Millionen Franken. In der übrigen Schweiz generiert die RhB etwa 414 Millionen Franken. Die Bruttowertschöpfung beträgt somit über 860 Millionen Franken. Schweizweit stehen rund 5800 Vollzeitstellen direkt oder indirekt mit der RhB in Verbindung, die Hälfte davon in Graubünden. Nicht berücksichtigt wird dabei der Umsatz, den Fahrgäste beispielsweise für Übernachtungen, Restauration und Einkäufe in den Tourismusorganisationen tätigen.