Die Medienmitteilung des SNP im Wortlaut:

Dieser Entscheid wurde gefällt, bevor die für den zweiten Rinderriss in der Val Mora verantwortlichen Wölfe identifiziert werden konnten. Die Resultate der DNA-Analysen sind auf nächste Woche in Aussicht gestellt worden. Die Parkverantwortlichen bedauern auch, dass es nicht gelungen ist, in gemeinsamer Absprache für den SNP eine Lösung zu finden, welche dem einzigen Schweizerischen Nationalpark und seinem nationalen Schutzauftrag gerecht wird. Im Nationalparkgesetz heisst es wörtlich: «Der Schweizerische Nationalpark im Engadin und Münstertal im Kanton Graubünden ist ein Reservat, in dem die Natur vor allen menschlichen Eingriffen geschützt und namentlich die gesamte Tier- und Pflanzenwelt ihrer natürlichen Entwicklung überlassen wird.» Mit dem Entscheid des BAFU wurden ausschliesslich die Regelung in der nach wie vor provisorischen eidgenössischen Jagdverordnung berücksichtigt, dass bei einem Riss von Rinderartigen ein ganzes Rudel eliminiert werden kann. 
 
Gesellschaftliche Sorgen ernst nehmen
Der SNP ist sich bewusst, dass sich die regionale Bevölkerung Sorgen macht. Durch einen zahlenmässigen Anstieg von einem Wolf auf 17 Wölfe innerhalb von 2 Jahren wurden diese Sorgen noch verstärkt und die Emotionen gehen teilweise hoch. Diese Sorgen gilt es ernst zu nehmen. Trotzdem dürfen die fachlichen Grundlagen dabei nicht ausser Acht gelassen werden. Der SNP ist überzeugt, dass wir nur dann einen Konsens erreichen, wenn die gesellschaftliche Bereitschaft vorhanden ist, dem Wolf als international geschützter Art grundsätzlich eine Daseinsberechtigung zuzugestehen und wenn eine fachliche Diskussion geführt werden kann. Immer im Wissen darum, dass sich Wölfe nicht an vom Menschen definierte Grenzen halten. Dabei ist stets Augenmass und Verhältnismässigkeit erwünscht.
 
Die Eidgenössische Nationalparkkommission (ENPK) hat bereits vor 2 Jahren ihre Zustimmung für ein Management der Wölfe kommuniziert. Dies betrifft insbesondere die Reduktion von Jungwölfen. Aus ökologischer Sicht macht es jedoch keinen Sinn, die Leitwölfe zu entnehmen, so lange wir nicht wissen, ob sie mit dem Riss etwas zu tun hatten.
 
Aus der Vergangenheit lernen
In den letzten 110 Jahren konnten im und um den SNP auch bei anderen Arten wie dem Steinbock und dem Rothirsch zielführende und wissenschaftlich fundierte Management-Lösungen gefunden werden. Auch diese Tierarten verlassen den SNP regelmässig. Bei den grossen Beutegreifern ist die Situation emotionaler und aufgrund diverser Interessen komplexer. Wir appellieren an alle, die Problematik nicht einfach aufgrund eines einzelnen Entscheids zu beurteilen, sondern gemeinsam zur Entwicklung eines tragfähigen Konsenses beizutragen, der unterschiedlichen Anliegen gerecht wird. Der SNP ist prädestiniert dafür, aufgrund seines langjährigen Naturschutz- und Forschungshintergrunds hier eine wichtige Rolle zu spielen. Dafür braucht es aber die nötige Zeit. Zeit, damit die Forschung weitere Erkenntnisse gewinnen kann. Zeit aber auch, um den Austausch mit allen relevanten Interessengruppen zu pflegen. Die Eidgenössische Nationalparkkommission ist bezüglich unterschiedlichen Interessensvertretungen breit aufgestellt. 
 
Fachliches Wissen als zentrale Grundlage
Auf die fachliche Argumentation des SNP wurde bisher nicht eingegangen. Dies, obwohl sich der SNP seit Jahren darum bemüht, neue Erkenntnisse zu gewinnen. Nicht nur Erkenntnisse zur Populationsentwicklung des Wolfs, sondern auch zu den Auswirkungen der Wolfspräsenz auf andere Tierarten und auf die Vegetation. Besonders zu erwähnen ist hier die Rolle des Wolfes bei der Reduktion von Verbissschäden in den Wäldern rund um den SNP. Laufenden Forschungsprojekte im SNP werden durch den Abschussentscheid schwer beeinträchtigt. 
Das Fuorn-Rudel hat sich bis zum Rindtierriss vom 21. August 2024 ausschliesslich von Wildtieren ernährt. Parkmitarbeitende konnten zahlreiche Risse von Rothirschen und Gämsen feststellen. Dies zeigt, dass die Wirkung des Wolfsrudels durchaus in die vom Kanton gewünschte Richtung geht, nämlich die Hirschpopulation und die Verbissschäden in den Wäldern zu reduzieren.