Der Auftakt der Zugvogelzeit in diesem Jahr ist vielversprechend. Bereits jetzt wurden mehrere, sehr grosse Kranichtrupps beobachtet, darunter auch ein Trupp von rund 800 Vögeln – so viele wie noch nie in der Schweiz. Auch im benachbarten Bayern wurden Rekordzahlen durchziehender Kraniche gemeldet. Dies schreibt die Vogelwarte Sempach in einer Medienmitteilung. Wer in diesen Tagen aufmerksam in den Himmel schaut und die Ohren spitzt, hat vielleicht das Glück, die imposanten Vögel zu sehen.
Kraniche sind für ihre traditionellen Zugrouten bekannt. Der westlichste Zugweg führt von Skandinavien und Nordosteuropa in einem sehr engen Korridor nach Südwesten und endet in Spanien. Ein weiterer Weg führt von Finnland via Ungarn und Italien nach Nordafrika. Somit liegt die Schweiz nicht direkt auf einer «Kranich-Autobahn». Weil zudem diese Hauptzugrouten recht schmal sind, war der Kranich bei uns bis vor wenigen Jahren nur selten als Durchzügler zu beobachten.
2011 aber geschah Aussergewöhnliches: In der Schweiz wurden während des Herbstzugs über zehn mal mehr Kraniche beobachtet als üblich. Seither blieb die Zahl beobachteter Kraniche mit Schwankungen hoch. Was ist passiert? Ein Teil der Kraniche, die normalerweise den ungarischen Hortobágy-Nationalpark passieren, um dann via Italien nach Nordafrika zu gelangen, änderte die Route. Statt über Italien nach Nordafrika flogen sie über die südfranzösische Camargue nach Spanien. 2011 wurde dieser Routenwechsel vermutlich durch starke Ostwinde unterstützt, aber auch in den Folgejahren wurde der neue Zugweg rege genutzt. Kraniche haben keine genetisch definierten Zugrouten, die erfahrenen Tiere geben ihr Wissen an die anderen weiter. Die neue Zugroute durch Mitteleuropa scheint den Kranichen zu behagen. «Da die Schweiz auf dem Weg zwischen Hortobágy und der Camargue liegt, dürfen auch wir uns vermehrt an den sehnsüchtig anmutenden Rufen durchziehender Kraniche erfreuen», schreibt die Vogelwarte.
Medienmitteilung Vogelwarte Sempach
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